RÄUBERINNEN – Premiere in der IGS Linden

Von der Theater-AG aus Schüler/innen beider Stufen konnte man mit Recht nach „Frühlings Erwachen“ im vergangenen Jahr einiges erwarten. Und mit Friedrich Schillers „Räubern“ hatten sich die Akteure und die anderen Mitwirkenden unter der Leitung von Jutta Gerhold und Harrie Müller-Rothgenger für das Schuljahr 2009/10 einiges vorgenommen!

„Schillers Räuberinnen“ wurden am 5.5.2010 ein ebenso ernsthafter wie unterhaltsamer Mai-Abend. In dem erwies sich der männermangelbedingte Zwang zur Umarbeitung des Sturm-und-Drang-Dramas keineswegs als Mangel, sondern setzte Energien frei. Wenn hier Karl zu (Char)lotte und Franz zu Franziska Moor werden, wirkt das nie aufgesetzt, es stehen mit Charline Albers und Anna Joseph (12.Jg.) zwei junge Frauen auf der Bühne, die nicht nur durch ihre Kleidung zeigen, dass sie unterschiedlich „ticken“, sondern auch engagiert, hochemotional und glaubhaft zwei – scheiternde – Lebensentwürfe repräsentieren. Wenn sie auch kaum zusammen auftreten, so ist doch das Plakatbild der sich zornig gegenüberstehenden Frauen gut gewählt: In jeder Szene ist die jeweils andere irgendwie für den Zuschauer immer mit gegenwärtig. Dass dabei die „böse“, weil hinterhältige Franziska in ihrem Ungeliebtsein nicht ohne Sympathien bleibt und die betrogene Lotte trotz aller für sie einnehmenden, spürbaren Zerbrechlichkeit der rauen Attitüde durchaus auch unangenehm berührt, ist dem intensiven Spiel der Akteurinnen zu verdanken. Die „angenehme“, ungebrochen positive Rolle fällt Steffen Gleixner als sympathischem Amalius zu, der, immer verzweifelter werdend, alles tut, um der geliebten, aber zur Verbrecherin gewordenen Charlotte zu helfen.

Das späte 18. Jahrhundert Schillers wird in den „Räuberinnen“ zur Gegenwart – mit Laptop, Fernsehen, studentisch-alternativer Szene-Kleidung, Gang-Sprache und Anklängen an terroristische Aktionen. Das alleine aber wäre wohl zu simpel und dann vielleicht doch unglaubwürdig gewesen, und so gibt es nicht nur mithilfe des Schattenspiels eine Brechung der Realitätsebene, auch die Figur der Räuberin Jana (überzeugend: Merle Westphal), die, als Hobby-Schauspielerin, immer wieder aus dem Original Schillers rezitiert, trägt dazu bei – und zur komischen Note! Die kommt ohnehin nicht zu kurz, sei es in Gestalt der drei Polizisten, die unisono Auskünfte haben wollen (hier als Video), der drei Hippie-Mädchen, die wie bekifft Musik machen (hier am Anfang des Videos), des wild-schrägen HipHop-Tanzes im Räuberdomizil (hier als Video) – und besonders sei hier Finja Korthauer (8.Jg.) als desillusionierte Räuberin Grimm hervorgehoben, die nicht nur das punkigste Outfit trug, sondern auch die abgefahrensten Sprüche auf Lager hatte. Ähnlich die übrigen Räuberinnen (Helena Gehrmann, Carley Wolf, Marsha Tute, Mirijam Dzaack, Leonie Ramin): Sie changierten gekonnt zwischen verzweifelter Ernsthaftigkeit und Persiflage. Komisch wirkte zunächst auch Tatjana Steinbrecher in der „Hosenrolle“ als beleibter Vater Moor, aber sie verkörperte so treffend dessen naive Tragik, dass bald nur noch dies zählte. Stellvertretend für die vielen übrigen auf und hinter der Bühne Agierenden sei noch Senem Keske erwähnt, die gut gelaunt durchs Programm führte. Wie sie, so waren alle Mitwirkenden im Zuschauerraum ohne jegliche Verstärkung gut zu verstehen – ein Lob für das erfolgreiche Stimm- und Sprachtraining!
Schließlich sei betont, dass in der AG Schüler/innen des 8. bis 13. Jahrgangs (!) zusammenwirken – und die jüngsten von ihnen waren auf der Bühne so präsent und selbstbewusst wie die ältesten: Hier können wir uns auf etliche weitere Jahre Theater an der IGS Linden freuen.

Schauen Sie hier noch in die Schluss-Szene – und hier in die Fotogalerie mit vielen Aufnahmen vom 5.5.2010.

(M. Altmann)