„Farm der Tiere“ – ein begeisterndes Theatererlebnis

Ja, an diesen Abenden war es spürbar, was das Besondere daran ist, wenn Schüler:innen Theater spielen, wenn sie endlich aufführen, was sie so lange vorbereitet hatten: diese freudige Anspannung und Nervosität vor dem Auftritt, die Konzentration dann auf der Bühne, das Sich-frei-Spielen im Laufe des Stückes, die Unwichtigkeit von kleinen Aussetzern, die Begeisterung. All das war am 21. und 22.6. im Kulturzentrum Faust zu erleben, als die Theater-AG der IGS Linden dem Publikum George Orwells „Farm der Tiere“ präsentierte (Eindrücke HIER in der Fotogalerie). Marie Lu Jordan, Luisa Lettmann, Marie Strauss, Tomma Eggers, Olivia Christ, Emmy Förster, Lale Hoffmann, Cordilia Afful, Nele Steinhäuser, Alicja Andrzejwska, Berzan Karydayi, Marek Möhle, Arian Toofan sowie in der Requisite Pelin Berk, Lona Danner, Tasnim Fatnassi, Leo Löbus, Chaim Mohit und Liv Steckmann, sie alle gaben ihr Bestes und überzeugten die Zuschauer:innen, die ihnen nach einer Stunde und dem berühmten finalen „Alle Tiere sind gleich – aber manche sind gleicher“ stürmisch den überaus verdienten Beifall spendeten. Mit zum Gelingen dieser politischen Parabel trug der Chor des 12. Jahrgangs bei, zum einen mit einem Revolutionslied aus der Feder von Bert Brecht und Hanns Eisler, zum anderen mit „Oh Freedom“, einem Gospel, das – von George Orwell abweichend – einen Hoffnungs-Schlusspunkt setzte.

Was man sich im Zusammenhang mit diesen beiden Abenden klarmachen muss: „Theater-AG“ bedeutete im Schuljahr 2021/22, ganz anders als in früheren Jahren, Beschränkung auf den 7. und 8. Jahrgang – dank Corona. Die Leiter:innen der AG, Ole Dyck und Felicitas Heil, unterstützt von Marc Beinsen, forderte das in mehrfacher Weise heraus: Sie mussten eine recht große und sehr heterogene Schar von 12-14-jährigen zu einer funktionierenden Schauspiel- und einer zuverlässigen Bühnenbild/Requisiten-Gruppe formen. Sie mussten eine vorliegende Bühnenfassung von Orwells Stück nicht nur im Umfang radikal kürzen und z.T. umschreiben, sondern auch um etliche Charaktere reduzieren, damit es für die AG-Schüler:innen machbar wurde – und gleichzeitig die Grundstruktur seiner Handlung und seine Hauptaussagen beibehalten. Sie mussten in Bezug auf Bühnenbild und Kostüme sich so weit wie möglich auf das beschränken, was man zusammen realisieren konnte. Und schließlich durften sie die Corona-bedingten und sonstigen organisatorischen Widrigkeiten nicht entmutigen, z.B. Ausfälle durch Krankheit, Raum- oder Terminprobleme. Dabei unterstützte sie nicht zuletzt Schulbegleiter Christian Schröder, zumal er in den letzten Wochen, inklusive Aufführungen, eine Schülerin auf der Bühne ersetzte.

Die künstlerischen Herausforderungen wurden in vorbildlicher Weise angegangen. Die variable, flexible Benutzung von Kisten, z.T. mit Beschriftung (insbesondere für die revolutionären Gesetze), ergab ein schlüssiges Bühnenbild, wenige Accessoires – wie etwa die Gerte in der Hand der Gutsbesitzerin Mrs. Jones oder die Gläser mit Marmelade und Würstchen – ergänzten es, Aufschriften auf ihren T-Shirts wiesen die jungen Schauspieler:innen als Schweine, Kühe, Hühner, Schafe, Hunde oder Pferd aus. Die Menge an auswendig zu lernendem Text – samt Stichwörtern für den Einsatz – war z.T. recht groß, aber einige kleine Unsicherheiten störten in keiner Weise, zumal da Frau Heil war als unauffällige, aber effektive Souffleurin. Ihre Dienste musste in der zweiten Aufführung auch Regisseur Ole Dyck in Anspruch nehmen, da eine Schülerin wegen Krankheit ausfiel und er kurzerhand als Darsteller eines der Schweine einsprang. Alle Mitwirkenden waren präsent und überzeugend in ihrer Rolle, die ihnen von den AG-Leiter:innen zugedacht worden war, und ganz offensichtlich entwickelten sie einen besonderen Ehrgeiz dafür, die immer wieder erkennbare Brutalität oder Verlogenheit der Protagonisten auf die Bühne zu bringen.

Einzelne Szenen, Personen oder Regieeinfälle aus dieser gelungenen Inszenierung hervorzuheben ist eigentlich nicht angemessen. Und doch bleibt manches ganz besonders in Erinnerung: das Bild der um die Würstchen Trauernden, die aufopferungsvolle Art, wie Boxer, das Pferd, für das Wohl der Farm schuftet, die entwaffnende Naivität des Schafes Mollie, der verbale Schlagabtausch zwischen den Schweinen Napoleon und Schneeball samt demagogischer Beeinflussung des Fußvolkes, der Demonstrationszug der empörten Hühner, die dann von den durch Napoleon abgerichteten Hunden getötet werden – aber auch die „revolutionäre“ Ausstrahlung des in einigen Szenen hinzutretenden Chores (samt einigen Solistinnen), vom Klavier aus geleitet von Marcus Altmann.

Die „Farm der Tiere“ aufzuführen, wurde nicht zuletzt durch die Kooperation von IGS Linden und Kulturzentrum Faust möglich. Diese Zusammenarbeit gibt es zwar schon seit vielen, vielen Jahren, zuletzt wurde sie aber auch gefördert durch das landesweite „Schule:Kultur!“-Projekt. Auch wenn diese Förderung nun ausläuft, hoffen alle Beteiligten darauf, dass es weitere gemeinsame Theaterproduktionen geben wird.

(M.A.)